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Staatsverschuldung – Was wir aus der Geschichte lernen können

«Bankrotte Staaten bekamen immer eine zweite Chance», sagt Tobias Straumann.

Schuldenkrisen seien kein neues Phänomen und werden oft durch die finanziellen Lasten von Kriegen ausgelöst, erläuterten Prof. Dr. Albrecht Ritschl von der London School of Economics, und Prof. Dr. Tobias Straumann von der Universität Zürich im Rahmen der Reichmuth & Co Lecture No. 26 am 21. Mai 2025 am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern.

Deutschland eigne sich besonders gut, um die unterschiedlichen Wege der Schuldenbewältigung nach grossen Kriegen zu veranschaulichen, sagte Prof. Dr. Ritschl. Die Rückzahlung der deutschen Kriegsschulden nach den Weltkriegen sei auf völlig unterschiedliche Weise erfolgt. Nach dem Ersten Weltkrieg habe die Reichsbank gezielt Inflation betrieben, um die Schulden zu entwerten. Dies habe 1923 in eine Hyperinflation und letztlich in den Zusammenbruch der Währung geführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hingegen hätten die USA einen Schuldenerlass für Deutschland durchgesetzt. Im Vordergrund habe nicht die Rückzahlung gestanden, sondern der Wiederaufbau – mit dem Ziel, ein stabiles und demokratisches Deutschland in der Mitte Europas zu schaffen.

Staatsschuldenkrisen habe es schon in der Antike gegeben, erklärte Prof. Dr. Tobias Straumann in seinem Referat. Zu einem globalen Phänomen seien sie jedoch erst geworden, als im 18. Jahrhundert Staatsanleihen zu handelbaren Finanzinstrumenten wurden und sich dadurch die Verschuldungsmöglichkeiten moderner Staaten erheblich erweitert hätten. Erstaunlich sei rückblickend, dass entwickelte Volkswirtschaften seit dem 19. Jahrhundert kaum je in den Staatsbankrott geraten seien, sondern sich selbst bei hoher Verschuldung durch Reformen hätten stabilisieren können. Ganz anders sei die Lage in vielen Schwellenländern gewesen, die immer wieder zahlungsunfähig geworden seien. Die Geschichte zeige jedoch, so Straumann, dass auch bankrotte Staaten wieder eine Chance erhielten – sofern sie zu Reformen bereit gewesen seien.

Im Video erfahren Sie ausserdem:

  • Welche Rolle Staatsschulden bei der Französischen Revolution spielten.
  • Mit welchen Finanzinstrumenten das Dritte Reich trotz Aufrüstung die Inflation tief halten konnte.
  • Wie England nach dem Zweiten Weltkrieg seine Schulden abbaute.
Aufzeichnung der Reichmuth & Co Lecture No. 26 am 21. Mai 2025
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