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A look at the investment year 2026

Article in the Luzerner Zeitung dated December 4, 2025 (only available in German)

Die Privatbankiers von Reichmuth & Co geben Einblick in ihre Prognosen und Anlagestrategien. Dabei zeigt sich eine Rückbesinnung auf Schweizer Bodenständigkeit.

Die USA sind zu einer Quelle der Unsicherheit geworden. Trotzdem wird die amerikanische Wirtschaft 2026 weiterhin auf der KI-Welle reiten, so Christoph Reichmuth, Präsident des Verwaltungsrats von Reichmuth & Co. Doch befinden wir uns bereits in einer KI-Blase? Und welche sicheren Häfen bleiben angesichts des erodierten Dollars und des schwachen Euros? An einem Anlass der Reichmuth & Co Privatbankiers wurden die Marktaussichten für das kommende Jahr thematisiert und Wachstumstreiber der verschiedenen Regionen ausgemacht.

2025 war ein Jahr der Disruptionen. Noch immer schwebt Trumps Zoll-Wahn über dem globalen Handel wie ein Damoklesschwert. Währenddessen desintegriert die Welt allmählich in verschiedene Machtblöcke. Nach dem Zweiten Weltkrieg einten die USA einen grossen Teil des Globus mithilfe von supranationalen Organisationen, die sie nun zusehends infrage stellen, wie Christoph Reichmuth ausführt. Das führt zu Unsicherheiten, weshalb Zentralbanken vermehrt amerikanische Staatsanleihen gegen Gold tauschen. Am anderen Ende des Erdballs macht China genau das Gegenteil und integriert mehr Staaten in «nicht-westliche » Konstrukte, wie das lose Staatenbündnis BRICS oder die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ).

Dazwischen liegt der europäische Kontinent, der sich monetär kaum bewegen kann, so Reichmuth. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet nachweislich unter den eigenen Barrieren, wie der Draghi-Report des ehemaligen EZB-Chefs aus dem Jahr 2024 gezeigt hat. Steigt die Schuldenflut von Frankreich weiter, steigen die Zinsen der zehnjährigen Anleihen. Ab einem gewissen Punkt kann Frankreich allerdings seinen Schuldendienst nicht mehr leisten und wird zahlungsunfähig. Um das zu verhindern, muss die EZB vorher reagieren und Euro- Anleihen kaufen, um die Zinsen zu senken. Dies wiederum wird die Kaufkraft der Europäer weiter schwächen und den Euro weiter entwerten.

Unter diesen Bedingungen werden sichere Häfen zusehends rarer. Zwei stechen trotz der unsicheren Weltlage hervor: Gold und Schweizer Franken.

KI hält die amerikanische Börse am Leben

«Grundsätzlich gilt: So viele Realwerte wie möglich», wie Christoph Reichmuth die Anlagestrategie der Luzerner Privatbank zusammenfasst. Reichmuth verwaltet ein Vermögen von ungefähr 16 Milliarden Franken. Für Anleger mit einer gewissen Lust am Nervenkitzel und einem Flair für die Erfolge eines Unternehmens sieht Reichmuth 2026 Folgendes vor: «Es ist wichtig, regionale Akzente zu setzen», sagt der Chief Investment Officer Matthias Ramser zur Diversifizierung des Aktienportfolios.

In den USA treibt KI die Börse vor sich her. 2025 wurden in den USA bereits über 350 Milliarden Dollar in Künstliche Intelligenz investiert. Besonders die grossen Werte Alphabet und Microsoft, die dieses Jahr ansehnliche Quartalszahlen präsentierten, werden damit in Verbindung gebracht. Das grosse Fragezeichen: Platzt die KI-Blase oder schaffen es die Techkonzerne, die Investitionen mit KI-Produkten zu refinanzieren? Es gebe Anzeichen, so Reichmuth, wie die zirkulären Deals zwischen dem Start-up OpenAI und Chipherstellern wie Nvidia und AMD. Gemeint ist damit, dass sich beispielsweise Nvidia an OpenAI beteiligt und OpenAI wiederum Chips von Nvidia bezieht. Zudem profitieren amerikanische Strom- und Netzbetreiber, da der Energiebedarf von Rechenzentren steigt.

In den Aufbau der Ukraine investieren

In Europa ist das KI-Momentum nicht so stark zu spüren. Vielmehr gibt die Geopolitik eine klare Investitionstendenz vor: Infrastruktur und Verteidigung. Die Ankündigungen reichen vom deutschen Sondervermögen von über 500 Milliarden Euro über den EU-Fiskalstimulus zur Verteidigung von 800 Milliarden bis zur Grundsatzfrage des Aufbaus der Ukraine nach dem Krieg. Für das Jahr 2026 sollte man demnach ein Auge auf Aktien von Unternehmen wie dem Industriekonzern Siemens oder Sandvik (Maschinen- und Werkzeugbau) werfen. Weitere Titel im asiatischen Raum betreffen vornehmlich ETFs von Schwellenländern und chinesische Tech-ETFs sowie von Vietnam, das von neuen Lieferketten profitiert.

Reichmuth setzt im Kern bei den Aktien allerdings vornehmlich auf Schweizer Dividendentitel. «Durch die Nähe zu mittelständischen Unternehmen können wir den Schweizer Aktienmarkt sehr genau beobachten und einschätzen», sagt Ramser zum Fokus des Aktienportfolios auf Schweizer Titel. Daneben spielen auch die moderne Infrastruktur, die gefestigten politischen Institutionen, der hohe Bildungsgrad und der gesunde Staatshaushalt eine wichtige Rolle. Unter anderem deshalb rangiert die Schweiz 2025 auf dem ersten Platz bei der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit.

Angesichts dessen setzt Reichmuth auf Schweizer Dividendentitel. In diesem Zusammenhang werden etwa Galenica (Apothekenbetreiber und Medikamentenhändler), Cembra Money Bank, die Flughafen Zürich AG oder Swisscom und Roche erwähnt. Galenica erzielt fast den gesamten Umsatz in der Schweiz und ist deshalb nicht gross von den geopolitischen Verwerfungen betroffen.

Newspaper article from the LZ “Blick auf das Anlagejahr 2026”

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